Ein Besuch bei Claykitchen Portugal
Clay Kitchen Portugal: Holzofenbrand am äußersten Ende Europas
Im Alentejo berührt ein weiter, offener Himmel die Erde. Hier hat der Keramiker David Trueb 2020 mit Clay Kitchen Portugal einen Ort geschaffen, der sich ganz dem Holzofenbrand widmet.
Clay Kitchen wurde von David Trueb und seinem Bruder Balthasar gegründet. „Aber da war kein Business Plan, das war pure Lust auf etwas Gemeinsames", wie David Trueb sagt. Nun existiert Clay Kitchen also seit etwa fünf Jahren auf einem abgelegenen Stück Land in der Nähe der Stadt Vila Nova de Milfontes. Straußen, Schafe und Esel leben hier, doch immer ist auch die Nähe zum Meer spürbar.
Train kiln, 1000 Stücke, sieben Kubikmeter Holz
Im Zentrum von Clay Kitchen steht der Brennofen, den David Trueb 2020 in einer geräumigen Werkstatt gebaut hat. Die geplante Unterstützung durch Freunde aus dem Ausland brach durch Corona weg, es war zu unsicher, wie lange die Grenzen noch offen bleiben würde. Also machte sich David Trueb daran, den Ofen über zwei Monate alleine zu bauen und Ende des Jahres 2020 zum ersten Mal zu brennen.
Vorausgegangen war eine intensive dreimonatige Recherchereise quer durch die USA, auf der David Trueb 32.000 Meilen abgefahren war und über 100 Brennöfen angeschaut hatte. David Truebs Wunsch auf dieser Reise war es, möglichst viele verschiedene Arten von Holzöfen kennen zu lernen und Einblick in die Erfahrung der Keramiker zu bekommen. Daneben gab es immer wieder Aufenthalte in La Meridiana, International School of Ceramics in der Toskana. Nicht nur, um bei John Colbeck oder Pietro Elia Madalena, den David Trueb einen Mentor nennt, die eigene Technik zu verfeinern, sondern auch, um die Praxis des Holzofenbrands zu vertiefen.
Gebaut hat David Trueb einen Train kiln, dessen Brennkammer durch Schienen vom Rest des Ofens getrennt werden kann. Dieses Aufschieben erlaubt, bis auf die kleine geduckte Salzkammer am Ende des Ofens, ein Beladen und Ausladen im Stehen. Mit vier Kubikmeter Volumen und der Salzkammer von einem Kubikmeter fasst der Ofen je nach Größe der Stücke zwischen 800 und 1000 Objekte. Um den Ofen zu brennen, benötigt man ca. sieben Kubikmeter Holz. Da sich David Trueb viele Gedanken über den ökologischen Aspekt des Holzbrands macht, ist es ihm wichtig, dass für den Brand hauptsächlich eine in Portugal weitverbreitete Neophyte verwendet wird. Dieses Holz wird in der Regel von den Bauern selbst auf dem Land verbrannt, um eine schnelle Verbreitung einzudämmen.
Das Mentorship
Über die Wintermonate werden unterschiedliche Workshops in Clay Kitchen angeboten. Aber das große Ereignis ist das Mentorship, das sich Anfang des Jahres über einen Monat erstreckt und zu dem David Trueb 2023 die renommierte Keramikerin Susanne Lukács-Ringel eingeladen hat. Die Teilnehmer haben die Möglichkeit, von dem Wissen und der Erfahrung David Truebs und Susanne Lukács-Ringels zu profitieren, sie können ihre Arbeiten weiterentwickeln, neue Techniken erlernen und immer wieder Feedback zu ihren Stücken erhalten. Für einige der Teilnehmer ist es der erste Brand in einem Holzbrandofen. Susanne Lukács-Ringel, die seit 2005 im eigenen Holzbrandofen auf der Schwäbischen Alp brennt, kennt die Technik aufs Genaueste und David Trueb seinen Ofen bis ins Detail, ideale Voraussetzungen für einen guten Brand also.
Gearbeitet wird während des Mentorships auch in David Truebs Studio, einem Haus mit Blick auf den Rio Mira. In diesem modernen lichten Studio wird die Keramik über Wochen unter der Anleitung von Susanne Lukács-Ringel geschaffen, bevor sich alles in die Werkstatt verlagert, in der der Ofen steht. Dort werden die Stücke schließlich für den Brand vorbereitet. Eingeräumt wird der Ofen zwei Tage lang, von der Salzkammer im hinteren Teil bis zum Eingang des Ofens, wo die Brennkammer anschließt. Mit größter Sorgfalt werden die Stücke auf die Brennplatten platziert, immer mit dem Gedanken an den Weg der Flammen und den Ascheanflug im Hinterkopf. „Wie Wasser soll das Feuer durch den Ofen ziehen“, meint David Trueb, so gleichmäßig wie ein ruhig dahinströmender Fluss.
Im Rythmus des Holzbrands
Alle Teilnehmer arbeiten Hand in Hand bei dieser Arbeit, die hohe Konzentration erfordert und nur vom gemeinsamen Essen in der Küche der Werkstatt unterbrochen wird. Ist der Ofen gesetzt, wird die Brennkammer eingeschoben und der obere bewegliche Teil des Ofens über Stahlseile herabgelassen. Damit ist der Ofen geschlossen, er kann angefeuert werden.
Das Warten auf das Ergebnis des Brandes, das nun beginnt, ist allerdings ein sehr arbeitsintensives, denn der Ofen wird über die Dauer von bis zu drei Tagen Tag und Nacht befeuert. Für David Trueb zählt die Dauer des Brands ab einer Temperatur von um die 400 Grad, dann erst beginnt er die Stunden zu zählen. Allmählich wird die Temperatur bis auf über 1300 Grad gesteigert. Dazu wird in Schichten gearbeitet, schließlich ist alle fünf bis 10 Minuten das Einlegen von Holz erforderlich. Der Holzofen ist ein hungriges Wesen.
Auch das anschließende langsame Abkühlen erfordert wieder Geduld und Zeit. David Trueb will auf jeden Fall ein zu starkes Temperaturgefälle durch zu schnelles Öffnen vermeiden, idealerweise „sollte der Ofen auf Raumtemperatur abkühlen.“ Nach etwa zwei Tagen kann der Ofen endlich geöffnet werden, und der erste Blick auf die Keramiken ist möglich. Wie war der Brand, welche Stücke sind überraschend, welche eventuell zerbrochen, welche unerwarteten Farben oder einzigartigen Effekte hat es gegeben? Welche Spuren haben die Flugasche, das Feuer und das Salz hinterlassen? Schließlich macht die Kombination aus Ascheanflugglasur, Positionierung und dem Zufall jedes Stück individuell. Das Ausräumen selbst wird zum Ereignis, zu dem Freunde und Interessierte von Clay Kitchen in die Werkstatt kommen. Jede Hilfe ist willkommen, schließlich sind um die 1000 Stücke aus dem Ofen zu holen.
Der Ermöglicher
Einen Monat zusammen arbeiten bedeutet aber auch einen Monat zusammen diskutieren, kreieren, gemeinsam essen und als Gruppe zu funktionieren. Alle Faktoren ergeben hier in Clay Kitchen ein Gesamtkunstwerk, und David Trueb ist der schier unermüdliche Ermöglicher. Er kanalisiert die Energie, er treibt an, er inspiriert und ermutigt. Dass sein Bruder Balthasar Trueb auf dem weitläufigen Gelände seit vielen Jahren das Hotel Três Marias betreibt, die Familie von David Trueb in Vila Nova de Milfontes verwurzelt ist, schafft ein starkes Gemeinschaftsgefühl, das die Teilnehmer mit dem Ort und ihren Menschen verbindet. Und so stellt David Truebs Bruder auch schon mal ein Wildschwein aus den umliegenden Wäldern auf den Brennofen, Slow Cooking, das nach einer Nacht durch die Abwärme auf diesem 1300 Grad heißen Ofen zu einem Essen für alle wird.
Vom Geben und Nehmen
Für David Trueb den gelernten Konditor, der später in seiner zweiten Heimat der Schweiz eine Firma für ökologisches Bauen betrieben hat, kommt mit Clay Kitchen zusammen, was ihn seit Jahren an- und umtreibt: das Formen und Kreieren mit einem ganzheitlichen Blick, der umfassen will, nicht ausschließen. Menschen aus der ganzen Welt treffen hier zusammen, verbunden durch ihre Leidenschaft zur Keramik. Denn willkommen sind bei Clay Kitchen alle, die sich für die Sache begeistern. Und für Keramiker, die üblicherweise im Elektro- oder Gasofen brennen, ist Clay Kitchen eine einmalige Gelegenheit, den Holzofenbrand kennenzulernen.
Die Idee hinter Clay Kitchen ist offen und weit, so wie die Landschaft des Alentejo. Für David Trueb ist der Respekt gegenüber dieser Natur zugleich ein Ausdruck des Miteinanders. Für ihn braucht es eben beides, denn „bevor du etwas nimmst, solltest du geben."
Jana Hyner